1.Anhang A: Systemwerkzeuge – Wie wir den proto-Superorganismus regulieren
1.1.Zeitwirtschaft und Weighted Time Tokens (WT)
1.1.1.Motivation
Geldwirtschaft bewertet Zeit asymmetrisch: Eine Stunde hochbezahlter Beratung wird anders gewichtet als eine Stunde Pflegearbeit. Für den proto-Superorganismus ist beides funktional wichtig. Eine Zeitwirtschaft mit „Weighted Time Tokens“ (WT) versucht:
- Lebenszeit als Basisgröße
- gesellschaftlichen Nutzen (Gemeinwohlfaktor) als Gewichtung
- spekulative Effekte zu vermeiden
1.1.2.Grundprinzip
- Jede Person „erwirtschaftet“ Zeitguthaben durch geleistete Stunden.
- Die Stunden werden mit einem Gemeinwohlfaktor gewichtet (z.B. >1 für besonders gemeinwohlorientierte Tätigkeiten, <1 für destruktive Aktivitäten).
- WT können für definierte gemeinwohlorientierte Leistungen eingelöst werden (z.B. Wohnraum, Bildung, Basisversorgung), aber nicht als Spekulationsobjekt dienen.
So entsteht eine zweite, staatlich/regulatorisch anerkannte Ebene neben dem Euro: Marktlogik bleibt erhalten, aber zentrale Lebensfunktionen werden durch ein nicht-spekulatives Zeitsystem ergänzt.
1.1.3.Systemische Effekte
- Stabilisierung: Basisversorgung wird weniger krisenanfällig, weil sie an Zeit und Gemeinwohl gekoppelt ist, nicht an kurzfristige Rendite.
- Anreizkorrektur: Tätigkeiten, die heute unterbezahlt sind (Pflege, Bildung, soziale Arbeit), gewinnen an Wert.
- Demokratische Steuerbarkeit: Der Gemeinwohlfaktor ist politisch verhandelbar – damit werden Verteilungsfragen explizit.
1.2.Demokratische Regelkreise: Deliberation und Feedback
1.2.1.Bürgerräte und deliberative Foren
Bürgerräte nach Zufallsauswahl können:
- komplexe Themen (Klimapolitik, Steuerreform, Digitalisierung) strukturieren
- unterschiedliche Perspektiven integrieren
- Vorschläge erarbeiten, die dann politisch abgestimmt werden
Sie fungieren als „präfrontaler Cortex“ des proto-Superorganismus: Räume, in denen vorentschieden und reflektiert wird, bevor große Schritte folgen.
1.2.2.Permanente Feedbackschleifen
Statt Politik nur alle vier Jahre zu „updaten“, braucht es kontinuierliche Feedbackkanäle:
- Bürgerpanels mit repräsentativer Stichprobe und regelmäßigen Befragungen
- digitale Deliberationsplattformen mit hoher Moderationsqualität
- offene Datenportale, die Wirkung politischer Maßnahmen sichtbar machen
So entsteht ein lernfähiger Regelkreis: Messen – Bewerten – Anpassen.
1.3.Informationsökologie: Hygiene im Nervensystem
1.3.1.Qualitätssicherung
1.3.2.Schutz vor toxischen Signalen
- Regulierung von Botnetzen, Deepfakes und koordinierter Desinformation
- Melde- und Monitoringstellen für systematische Angriffe (z.B. auf Wahlprozesse)
- Mindeststandards für Plattformarchitekturen, die Polarisierung nicht algorithmisch belohnen
1.4.Langfristige Risikosteuerung
1.4.1.Institutionen für Langfristigkeit
Kurzfristige Wahlzyklen sind schlecht kompatibel mit Jahrhundertproblemen. Sinnvoll sind Institutionen, die explizit für Langfristigkeit zuständig sind:
- Klima- und Generationenräte
- verbindliche CO₂-Budgets
- verfassungsrechtliche Sicherungen für zentrale Lebensgrundlagen
1.4.2.Resilienz gegenüber „Medea-Dynamiken“
Die Medea-Hypothese weist darauf hin, dass Lebenssysteme auch selbstzerstörerische Dynamiken entwickeln können.¹⁴ Übertragen auf die Menschheit bedeutet das:
- Es reicht nicht, auf „Selbstkorrektur“ zu hoffen.
- Strukturelle „Notbremsen“ sind nötig: Abrüstungsregime, Sicherheitsnetze, Fail-Safe-Design bei Hochrisikotechnologien (z.B. KI, Biotech).
